Kontakt
ClientEarth Pressestelle: Lea Thin, 01520-4513101, presse@clientearth.org
Deutsche Umwelthilfe: Dr. Cornelia Nicklas, 0162-6344657, nicklas@duh.de
HEAL: Elke Zander, Medienkoordinatorin, elke@env-health.org
Klima-Allianz: Fabian Hübner, 0178/6337720, fabian.huebner@klima-allianz.de
Hinweise für die Redaktion
Die Verordnung zur Neufassung der Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen (13. BImSchV) und zur Änderung der Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen (17. BImschV) sind am 25.06.2020 zur Anhörung an die beteiligten Kreise gegeben worden. Die Frist zur Einreichung von Stellungnahmen endet am 23.07.2020.
In der Studie „Emissionsgrenzwerte für Kohlekraftwerke: Gesundheitliche Folgen der vorgeschlagenen Grenzwerte in Deutschland“ des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) wurde ein Umsetzungsvorschlag der Bundesregierung (Stand August 2019) mit zwei strengeren Alternativszenarien verglichen. Der vor kurzem veröffentlichte und zur Verbändeanhörung stehende Entwurf sieht keine ambitionierteren Werte vor, sondern bleibt sogar noch dahinter zurück.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
· Für den Zeitraum 2022 bis 2038 würden die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Grenzwerte für Emissionen aus Kohlekraftwerken zu schätzungsweise bis zu 26.000 vorzeitigen Todesfällen führen – trotz der geplanten Beschlüsse zum Kohleausstieg.
· Die gesundheitlichen Auswirkungen der kontinuierlichen Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke im Rahmen der vorgesehenen Grenzwerte würden die Volkswirtschaft und das Gesundheitssystem im Zeitraum 2022 bis 2038 mit bis zu 73 Milliarden Euro belasten.
· Wenn nur die Kraftwerke, die bis zu ihrer Stilllegung nach dem Kohleausstiegspfad ohne Begrenzung der Betriebsstunden laufen, das untere Ende der mit Anwendung der Besten Verfügbaren Techniken erreichbaren Grenzwerte einhalten würden, könnte das Risiko vorzeitiger Todesfälle um 65% reduziert sowie die Kosten für die Allgemeinheit um ca. zwei Drittel auf 21 Milliarden Euro gesenkt werden. Dies macht das enorme Vorsorgepotential strikter Grenzwerte deutlich.
· Je früher der Ausstieg aus der Kohleverbrennung erfolgt, desto geringer fallen die Gesundheitsfolgen und -kosten aus. Ein Kohleausstieg bis 2030 würde zum Beispiel zu einer weiteren Halbierung führen.
Bereits im Mai 2020 hatten die Organisationen ClientEarth, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Health and Environment Alliance (HEAL) und Klima-Allianz in einem gemeinsamen Schreiben die Bundesministerien für Gesundheit, Umwelt und Wirtschaft auf die Ergebnisse der Studie aufmerksam gemacht und entsprechend strenge Grenzwerte zum Schutz von Gesundheit und Umwelt eingefordert.
Im Antwortschreiben des Bundesumweltministeriums stimmte Ministerin Schulze zwar darin überein, dass trotz wichtiger Fortschritte zur Luftreinhaltung die in der Studie dargelegten Gefahren ein zu hohes Niveau erreichen. Zugleich verwies die Bundesministerin jedoch auf den Kohleausstieg bis 2038 zur Erreichung von Luftqualitätszielen und damit für den Gesundheitsschutz. Das Bundeswirtschafts- und das Bundesgesundheitsministerium reagierten bislang nicht auf den Brief der Verbände und die Studie.
Die neuen EU-Grenzwerte für Schadstoffemissionen aus Kohlekraftwerken müssen spätestens im August 2021 von allen Anlagen eingehalten werden. Die rechtliche Umsetzung der europäischen Grenzwerte hätte nach den Regelungen des deutschen Bundesimmissionsschutzrechts bereits im August 2018 erfolgen müssen. Der lange politische Stillstand in Sachen Schadstoffgrenzwerte war den Verhandlungen um den Kohleausstieg geschuldet. Im August 2019 fand ein Fachgespräch der Umweltorganisationen mit dem Bundesumweltministerium zum Stand der Umsetzung statt. Die damals vorgeschlagenen Grenzwerte erfüllen in vielen Fällen nur knapp die EU-Grenzwerte.
Die Umsetzung war auch in das Nationale Luftreinhalteprogramm bereits in Ansatz gebracht worden. Bereits im vergangenen Jahr hatte ein Rechtsgutachten im Auftrag der Klima-Allianz und der Deutschen Umwelthilfe gezeigt, dass die Bundesregierung aus Gründen EU-rechtlicher Verpflichtungen zum Umweltschutz die untere Bandbreite der Grenzwerte für Stickoxide ausschöpfen muss.
Am 20. Mai 2020 hat die Deutsche Umwelthilfe gemeinsam mit ClientEarth auf Änderung des nationalen Luftreinhalteprogramms (NLRP) zur wirksamen und sicheren Minderung mehrerer gesundheitsschädlicher Luftschadstoffe aus Verkehr, Massentierhaltung sowie Kohle- und Holzfeuerung geklagt. Die Bundesregierung verfehlt mit ihrem aktuellen Maßnahmenplan die verbindlichen EU-Vorgaben zur Minderung der Luftschadstoffe Ammoniak (NH3), Feinstaub (PM2,5), Stickoxide (NOx) und Schwefeldioxid (SO2) deutlich.
“Vorzeitige Todesfälle“: Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien zeigt, dass vor allem eine langfristige, chronische Belastung durch Luftverschmutzung das Sterberisiko durch verschiedene Krankheiten erhöht. Auf dieser Grundlage hat die WHO empfohlen, Konzentrations-Wirkungs-Beziehungen anzuwenden, die die Belastung durch Luftverschmutzung mit einem erhöhten Risiko in Verbindung setzen. Dieser Ansatz ermöglicht die Aussage, dass eine bestimmte Anzahl von Todesfällen vermieden werden könnten, wenn die Belastung durch Luftverschmutzung reduziert würde.